Die Ausgangslage: Das Internet als jüngstes Kommunikationsmedium der
Gesellschaft ist ein theoretisch noch immer vernachlässigtes Phänomen. Zwar herrscht in
aktuellen Untersuchungen weitestgehend Einigkeit darüber, dass das entscheidende Merkmal der
Technologie eine prinzipiell uneingeschränkte Interaktivität und das heißt: ein
Potenzial der Teilnahme an öffentlich wahrnehmbarer Kommunikationunendlich vieler
Bewusstseinssysteme ist – welche sozialen Transformationen mit dieser neuen
Kommunikationsstruktur verbunden sind, bleibt jedoch unklar. Die Gründe hierfür sind
zahlreich, als Hauptursachen lassen sich überzogene normative Ansprüche, eine Dramatisierung
der Gefahren (Atomisierung der Gesellschaft, Information Overload, Datenschutz) oder
euphorische Hoffnungen (Demokratisierung, Deliberation, Egalität, Chancengleichheit)
beschreiben. Offensichtlich vernachlässigen solche Untersuchungen ein ausreichendes
Verständnis ihrer komplexen Gegenwart zu Gunsten einer zwar nicht näher bestimmbaren, aber
als bloße Vision oder Hoffnung unverfänglichen Zukunft, die immer auch anders sein kann. Es
könnte deshalb zum besseren Verständnis hilfreich sein, den Forschungsschwerpunkt wieder auf
eine genauere Beobachtung der gegenwärtigen Situation zu legen und das Internet als
technologische Entwicklung, die bestimmte Kommunikationspotenziale bereitstellt, ernst zu
nehmen.
Die These: Das Internet transformiert die Gesellschaft in einer Weise wie
dies zuvor lediglich durch die Sprache, die Schrift und den Buchdruck geschehen ist. Über 20
Jahre nach der Bereitstellung der Infrastruktur für die Öffentlichkeit lassen sich
entscheidende Veränderungen bereits beobachten. Die Ubiquität von Begriffen wie Web
2.0 oder Soziale Netzwerke muss selbstverständlich eine Entsprechung in
der Gesellschaftsstruktur haben. Wikis, Blogs, You-X usw. sind neue Kommunikationsformen und
keinesfalls lediglich klassische Inhalte in neuem Gewand. Unternehmen wie Google, eBay und
Amazon, die die Chancen des Internets früh erkannt haben, sind heute börsennotierte
Großkonzerne. Und die Veränderungen drücken sich nicht zuletzt auch in den zahlreichen
kleineren und größeren Krisenphänomenen traditioneller gesellschaftlicher Strukturen (z.B.
der Massenmedien…) aus.
Die Methode: Als Ausgangspunkt für eine detaillierte Diagnose dieser
Entwicklung eignet sich die Systemtheorie von Niklas Luhmann, weil sie die Evolution der
Gesellschaft, also das Auftreten von Kommunikation eng an die Entwicklung derjenigen Medien
knüpft, mit deren Hilfe sie vollzogen wird. Darüber hinaus lässt die Systemtheorie alle
Ansprüche auf uneingeschränkte Wahrheit hinter sich und beobachtet stattdessen, welche
Unterscheidungen andere benutzen, wenn sie zu divergierenden Ergebnissen kommen und was sie
damit sehen können. In diesem, auf historischer und theoretischer Ebene komparatistischen
Modus erreicht sie ein sehr hohes Erklärungspotenzial und gibt Raum für äußerst interessante
(= irritierende) Ergebnisse.
Stephan Frühwirt
Wissenschaftlicher Lebenslauf
Gesellschaft und Kontingenz
Die Hyperirritation der Gesellschaft. Internet als Verbreitungsmedium.
Technische Universität Berlin
Kontakt
E-Mail: stephanfruehwirt@gesellschaftundkontingenz.de
Forschungsvorhaben
Die Ausgangslage: Das Internet als jüngstes Kommunikationsmedium der Gesellschaft ist ein theoretisch noch immer vernachlässigtes Phänomen. Zwar herrscht in aktuellen Untersuchungen weitestgehend Einigkeit darüber, dass das entscheidende Merkmal der Technologie eine prinzipiell uneingeschränkte Interaktivität und das heißt: ein Potenzial der Teilnahme an öffentlich wahrnehmbarer Kommunikation unendlich vieler Bewusstseinssysteme ist – welche sozialen Transformationen mit dieser neuen Kommunikationsstruktur verbunden sind, bleibt jedoch unklar. Die Gründe hierfür sind zahlreich, als Hauptursachen lassen sich überzogene normative Ansprüche, eine Dramatisierung der Gefahren (Atomisierung der Gesellschaft, Information Overload, Datenschutz) oder euphorische Hoffnungen (Demokratisierung, Deliberation, Egalität, Chancengleichheit) beschreiben. Offensichtlich vernachlässigen solche Untersuchungen ein ausreichendes Verständnis ihrer komplexen Gegenwart zu Gunsten einer zwar nicht näher bestimmbaren, aber als bloße Vision oder Hoffnung unverfänglichen Zukunft, die immer auch anders sein kann. Es könnte deshalb zum besseren Verständnis hilfreich sein, den Forschungsschwerpunkt wieder auf eine genauere Beobachtung der gegenwärtigen Situation zu legen und das Internet als technologische Entwicklung, die bestimmte Kommunikationspotenziale bereitstellt, ernst zu nehmen.
Die These: Das Internet transformiert die Gesellschaft in einer Weise wie dies zuvor lediglich durch die Sprache, die Schrift und den Buchdruck geschehen ist. Über 20 Jahre nach der Bereitstellung der Infrastruktur für die Öffentlichkeit lassen sich entscheidende Veränderungen bereits beobachten. Die Ubiquität von Begriffen wie Web 2.0 oder Soziale Netzwerke muss selbstverständlich eine Entsprechung in der Gesellschaftsstruktur haben. Wikis, Blogs, You-X usw. sind neue Kommunikationsformen und keinesfalls lediglich klassische Inhalte in neuem Gewand. Unternehmen wie Google, eBay und Amazon, die die Chancen des Internets früh erkannt haben, sind heute börsennotierte Großkonzerne. Und die Veränderungen drücken sich nicht zuletzt auch in den zahlreichen kleineren und größeren Krisenphänomenen traditioneller gesellschaftlicher Strukturen (z.B. der Massenmedien…) aus.
Die Methode: Als Ausgangspunkt für eine detaillierte Diagnose dieser Entwicklung eignet sich die Systemtheorie von Niklas Luhmann, weil sie die Evolution der Gesellschaft, also das Auftreten von Kommunikation eng an die Entwicklung derjenigen Medien knüpft, mit deren Hilfe sie vollzogen wird. Darüber hinaus lässt die Systemtheorie alle Ansprüche auf uneingeschränkte Wahrheit hinter sich und beobachtet stattdessen, welche Unterscheidungen andere benutzen, wenn sie zu divergierenden Ergebnissen kommen und was sie damit sehen können. In diesem, auf historischer und theoretischer Ebene komparatistischen Modus erreicht sie ein sehr hohes Erklärungspotenzial und gibt Raum für äußerst interessante (= irritierende) Ergebnisse.
Veröffentlichungen
Funktion von Vorträgen. Präsentation in der modernen Gesellschaft.